Ich habe auf Twitter von einer spannenden Blogparade erfahren, die sich mit der fairen Vergütung von Texter:innen beschäftigt. Grundsätzlich habe ich hier die Meinung, dass jeder den Stundenlohn abrechnen soll, den er für vertretbar hält. Wenn die Texter:innen einen geringen Stundenlohn aufrufen, ihre Texte die Kund:innen begeistern, dann ist das nicht falsch. Ich erlebe das im Agenturleben ständig, dass günstigere oder gar billigere Angebote angenommen werden, aber diese Unternehmen irgendwann erneut anklopfen. Die Ursache für diese niedrigen Preise liegt nicht bei den Texter:innen, sondern an den Auftraggeber:innen.

Textqualität von Auftragstexten wird immer schlechter

Es gibt bestimmte Projekte, da kaufe ich bei Textagenturen einige Texte ein, um eine Basis zu haben und im Optimalfall einige Stunden der Recherche zu sparen. Nun gebe ich zu, dass ich für diesen Zweck mit einer sehr bekannten und großen Textagentur zusammenarbeite. Vor vielen Jahren habe ich dort selbst einige Texte als Texter abgearbeitet, um mir neben dem Studium ein paar Euro dazu zu verdienen. Ich schrieb den Bewerbungstext für die Textagentur und wurde der höchsten Stufe mit der besten Vergütung zugeordnet. Ich kannte die miesen Preise bereits aus meiner Zeit als freier journalistischer Mitarbeiter bei der Zeitung, so dass ich nicht mehr Geld erwartete. Irgendwie hat diese Erfahrung auf der anderen Seite ein Grundvertrauen aufgebaut, welches viele Jahre auch nicht missbraucht wurde. Erst in diesem Monat habe ich schreckliche Erfahrungen gemacht, die mich auch zu der Teilnahme an dieser Blogparade bewegten.

Das große Text-Desaster

Ich schrieb ein ganz kurzes Briefing mit der Bitte in den Texten zu Duzen, aus der Perspektive eines Vaters zu schreiben und einige Zwischenüberschriften einzubauen. Es handelte sich bei dem Projekt um eine Bestellung von 10 Blog-Artikeln für ein neues Blog-Projekt, um einen Grundstock an Texten zu haben, damit ich das Design machen konnte. So gehe ich immer bei dem Aufbau eines Blogs vor, aber das wissen die Leser:innen meines Buchs längst. Ich bekam E-Mails, dass die Texte zur Kontrolle vorlägen, aber in der letzten Woche hatte ich keine Zeit diese anzunehmen und vertraute meinen bisherigen Erfahrungen. Nach ein paar Tagen werden die Texte dann automatisch angenommen und müssen bezahlt werden. Die Texte waren eine Katastrophe.

Qualität der letzten Auftragstexte

  • 9 Texte wurden aus der Sicht einer Mutter geschrieben
  • 7 Texte enthalten keine Zwischenüberschrift
  • 5 Texte siezen
  • 5 Texte verfehlen komplett das Thema
  • 3 Texte enthielten große Fehler
  • 3 Texte musste ich komplett löschen
  • 1 Text konnte ohne große Korrekturen sofort veröffentlicht werden

Hätte ich die Texte für ein Kundenprojekt gekauft, dann hätte ich ein großes Minusgeschäft gemacht, da der zeitliche Aufwand der Korrekturen größer war, als die Texte selber zu schreiben. Jedoch haben die Texter:innen durch meine Leichtgläubigkeit alle Geld verdient, welches professionelle Texter:innen nicht bekommen haben.

Impulsfragen der Blogparade

Um in das Thema noch besser einsteigen zu können, werde ich nun alle Impulsfragen beantworten, um daraus neue Schlüsse für den weiteren Verlauf des Textes zu ziehen. Mehr zu der Blogparade und den Teilnahmebedingungen findet ihr hier.

  • Warum habt ihr euch für das professionelle Texten entschieden?

Ich wurde damals zum ersten Mal an der Uni von einer Freundin gefragt, ob ich nicht Lust hätte als Texter zu arbeiten. Ich schrieb Ratgeber für ein Kleinanzeigenportal, betreute deren Blog-Projekte und bekam irgendwann die Kontrolle über die Social-Media-Kanäle. Dies war meine erste Begegnung mit der Suchmaschinenoptimierung, aber gerade in den Blogs erzählte ich rund um die Keywords lieber interessante Geschichten, betrieb als Storytelling und hatte dadurch sehr erfolgreiche Texte im Internet. Ich finde die Balance aus SEO-Text und Geschichte spannend, wenn ich für Kund:innen schreibe. Die meisten kennen die Grundlagen der Suchmaschinenoptimierung nicht und so merken die meisten Auftraggeber:innen gar nicht, dass es sich bei meinen Texten auch um SEO-Texte handelt.

  • Ist Texten euer Traumjob? Und wenn ja, warum?

Das Schreiben allgemein gehört zu meinen liebsten Beschäftigungen. Diese Hobby konnte ich teilweise zu meinem Beruf machen. Gleichzeitig ergab es sich aus den Möglichkeiten des Online-Marketings, dass ich mir für jedes andere Hobby einen Blog aufbaute, um meine Texte an der richtigen Stelle im Internet zu veröffentlichen. Texter:innen müssen sich zwangsweise mit neuen Themen beschäftigen, lernen bei jedem Text neue Sachverhalte und können gleichzeitig durch die richtige Wahl der Wörter alle Arten von Emotionen bei den Leser:innen auslösen. Ich schreibe manchmal als Ghostwriter für Menschen und da gab es schon sehr emotionale Themen. Wenn ich dann als Feedback bekomme, dass Auftraggeber:in und Leser:innen gerührt waren, dann freut es mich, wenn das Ziel des Textes erreicht wurde.

  • Worauf kommt es aus eurer Sicht beim Texten für Unternehmen an?

Die Textarbeit ist Teil der Unternehmenskommunikation und somit müssen die Werte des Unternehmens transportiert werden. Manchmal gibt es von Unternehmen sehr strenge Vorgaben, dann wieder nicht oder vielen ist es eigentlich egal. Ich bemerke häufig am Feedback zu meinen Texten, dass diese nur gescannt wurden. Dies bedeutet, dass wahrscheinlich nur der Titel und die Zwischenüberschriften gelesen wurden oder maximal noch der Anfang der Einleitung und das Fazit.

  • Inwiefern übernehmen Texte im Content-Marketing neue, größere Aufgaben?

Copywriting wird weiterhin sehr wichtig sein, da Texte über die Sichtbarkeit in den Suchmaschinen entscheiden. Wir konsumieren so viel Content am Tag, dass es aber am Ende nur die Texte zu einem schaffen, die über eine grandiose Headline verfügen und dessen Inhalt mich nicht mehr loslässt. SEO-Gewäsch und offensichtlich erzwungene Texte erkenne ich sofort. Gleichzeitig ist es die große Chance von leidenschaftlichen Texter:innen jetzt in diesen Beruf einzusteigen, denn die Bedeutung von Texten steigt, aber kaum jemand schreibt noch gerne. Ich finde in meiner Agentur kaum Nachwuchs, die gerne und überzeugend schreiben können oder wollen.

  • Sind automatisiert erstellte Texte bereits eine große Konkurrenz?

Nein. Ich habe einige Tools ausprobiert. Automatische Texte können vielleicht Produkttexte für Socken und Unterhosen schreiben, aber keine emotionalen oder komplexen Texte. Natürlich wird auch diese Technologie in den kommenden Jahren besser, aber es wird den Zwischenstopp geben, dass wir Analysen und Recherchen automatisieren können, da das heute teilweise auch schon möglich ist, aber wenn wir Sprachbilder und emotionale Ansprachen verwenden können und müssen, dann wird noch lange ein Mensch hinter einem erfolgreichen Text stehen.

  • Welche guten und schlechten beruflichen Erfahrungen habt ihr gemacht?

Meine schlechteste Erfahrung als Texter habe ich sogar in diesem Jahr gemacht. Ein Gastronom, der mir bei jedem Meeting mitteilte, dass er nicht gerne lesen würde, kritisierte plötzlich einen meiner Texte. Seine Aussage, dass der Fehler grobe Fehler aufweisen würde und ich mich nicht in das Thema eingearbeitet hätte, überraschte mich sehr. In seinen E-Mails waren stets viele Fehler und Texte waren eben nicht so sein Ding. Wir sprachen über den Text und es stellte sich heraus, dass der Text astrein war, aber plötzlich fehlten dem Gastronomen einige Punkte und Aspekte. Ich wies darauf hin, dass der Text gerne verlängert werden könnte, aber dieses persönliche Feedback nicht mit den ersten Vorwürfen übereinstimmen würde. Der Gastronom bemerkte seinen Fehler, aber wich keinen Schritt von seiner ersten Meinung ab. Er kündigte an, dass er den Text final umändern würde. Er schickte mir die neue Fassung, die ich von vielen Fehlern befreien musste. Einige Passagen hatte er aus dem Internet kopiert. der Text wurde so veröffentlicht und ich kündigte die Zusammenarbeit.

  • Aus welchen Fehlern habt ihr am meisten gelernt?

Ich verkaufe mich nicht mehr unter Wert. Ich berechne keinen Text anhand seiner Länge und der Anzahl der Wörter. Ein Text wird nach Stunden bezahlt, die alle Aspekte beinhalten. Folgende Arbeitsschritte braucht es bei der professionellen Texterstellung: Briefing, Recherche, Texterstellung, Medieneinsatz, Meta-Daten, Veröffentlichung, und eventuell Distribution. Ich habe mal vor einigen Jahren Blog-Artikel zu einem Festpreis verkauft und nicht mit all den Korrekturen und Arbeitsschritten gerechnet. Der Auftraggeber kam aus der Comic-Branche, kannte diese allerdings nicht und verstand daher einen Großteil meiner Sätze nicht, weil er Grundbegriffe seiner Szene nicht kannte. Er verkaufte quasi Batman-Fanartikel, aber kannte Bruce Wayne nicht.

  • Was tut ihr, um euren Preis im Markt durchzusetzen?

Ich schreibe den Preis in das Angebot und weise dort auf die Arbeitsschritte hin. Wenn es zu einer Diskussion kommt, dann zeige ich ihm auf, dass seine Mitbewerber:innen diese Texte seit Jahren haben und damit vor ihm bei Google platziert werden. Ich frage ihn, wie viele Stunden er für einen Text über seine Produkte und Dienstleistungen brauchen würde und wenn er doch so schnell ist, warum ich dann keine Texte auf seiner Website finden kann. Ich zeige ihm Referenzen und hier vor allem meine Texte mit Position Zero und einem Featured Snippet. Diese Referenzen sind häufig sehr überzeugend.

  • Anhand welcher KPIs rechtfertigt ihr vor Kunden euer Honorar?

Der wichtigste KPI ist die Notwendigkeit von neuem Content auf den Kanälen der Auftraggeber:innen. Gleichzeitig zeige ich ihm entsprechende Inhalte seiner Mitbewerber:innen in Relation zu dessen Sichtbarkeit. Jeder neue Text aus meiner Feder wird im System festgehalten, getrackt und ausgewertet. Liest jemand den Text und kauft dann auf der Website ein, dann kann dem Text ein Warenkorbwert zugesprochen werden. Ist die anschließende Conversion ein Anruf oder der Versand des Kontaktformulars, dann werden diese Leads ebenfalls nachgehalten.

  • Wie schätzt ihr die Marktsituation für Texterinnen und Texter ein?

Ich empfinde die Marktsituation als positiv, aber es muss mehr Aufklärung von den Texter:innen betrieben, die wirklich Qualität abliefern. Das sind nicht so viele, die mit Referenzen und vor allem mit Wissen über Tracking die Erfolge ihrer Arbeiten nachweisen können. Baut euch als Texter:innen einen eigenen Blog auf, um mit diesen Zahlen für eure Arbeit zu werben. Schreibt über eine Leidenschaft oder ein Hobby von euch, damit es nicht so viel Zeit frisst, weil ihr Vorwissen über das Thema habt. Qualität muss sich wieder durchsetzen, aber dazu müssen wieder mehr Menschen auch lesen. Wir dürfen uns nicht auf Google als Maschine und Algorithmus verlassen, sondern weiter Texte für Menschen schreiben.

  • Brauchen vor allem freiberufliche Texterinnen und Texter mehr Lobby?

Die Lobby müssen sich Freiberufler:innen selbst aufbauen. Die Corona-Pandemie hat gezeigt, dass Freiberufler:innen auf keiner Agenda stehen. Sichtbare Websites, Konferenzen, Fachbeiträge, Medienpräsenz und viele weitere Maßnahmen sollten folgen, aber eigentlich gehören diese auch zum Eigenmarketing aller Freiberufler:innen, die noch Platz auf ihrem Konto und ihrem Terminkalender haben.

3 Tipps für Berufseinsteiger:innen

  1. Schreiben, Schreiben, Schreiben

    Texter:innen sollten einen Rückzugsort für das eigene Schreiben haben. Ein Blog bietet sich da am besten an. Schreibt über ein Thema, welches euch in der Freizeit begleitet und begeistert. Wenn ihr hier erfolgreich arbeitet und vielleicht irgendwann Zahlen über euren Traffic und eure Rankings vorweisen könnt, dann beeindruckt das potentielle Kunden sehr.

  2. Bescheidenheit zahlt sich langfristig aus

    Am Anfang würde ich bei Anfragen nicht primär auf die Bezahlung achten, wobei ihr euch nie unter Wert verkaufen solltet, aber vielleicht bei der Auftragsannahme langfristiger denken. Vielleicht entstehen daraus Folgeaufträge, Empfehlungen und bei einem niedrigen Einsteigerpreis würde ich diesen genau so kommunizieren.

  3. Referenzen vorweisen, um Preise zu rechtfertigen

    Sammelt Referenzen und geht mit diesen auch hausieren. Fragt Auftraggeber:innen, ob ihr diese unter Referenzen auf der eigenen Website veröffentlicht dürft. Wenn nicht, dann schreibt unter Referenzen die Branchen und Themen auf, über die ihr bereits gegen Bezahlung geschrieben habt.

Fazit: Runter von dem Strich

Der Texterstrich muss nicht Endstation sein, aber leider ist er eine nützliche Zwischenstation. Gerade am Anfang muss es auch um Referenzen gehen, die eigene Arbeitszeit sollte kalkuliert werden und das eigene Schreiben kann stets optimiert werden. Die Schuld für die niedrigen Preise liegen bei den Auftraggeber:innen, die minderwertige Texte abnehmen. Ich selbst habe vielen Texter:innen erst vor wenigen Tagen ihre schlechten Texte durchgehen lassen, weil ich diese gar nicht erst abgenommen habe und die Frist verstreichen ließ. Ein guter Text, der ein Marketingziel verfolgt, setzt sich aus vielen Komponenten zusammen. Da geht es nicht um das reine Schreibtalent, sondern das „Schreiben für das Internet“ ist an Regeln gebunden, die einen Text sichtbar, erfolgreich und erfolgreich macht. Zufällig habe ich zu dem Thema einen günstigen Online-Kurs bei Udemy unter dem Titel „SEO: Erfolgreiche und sichtbare Texte schreiben„. Weitere Tipps zu dem Thema gibt es auch in meinem Buch „Geduld, Schweiß und wunde Finger – Geld verdienen mit einer eigenen Website„.

2 Comments

  1. Mia von ACAD-Profy 29. Juni 2021 at 13:47 - Reply

    59 % von Website-Besuchern sehen vom Kauf eines Produktes ab, wenn sie auf der Website Grammatik- oder Rechtschreibfehler finden. Die Qualität von Texten, und zwar besonders auch hinsichtlich Stilistik, Grammatik und Rechtschreibung, beeinflusst also maßgeblich das Kaufverhalten von Kunden und Kundinnen. Qualität geht somit klar vor Quantität!

  2. Robert Spitz 17. Januar 2024 at 13:35 - Reply

    Danke für den Beitrag. Vor vielen Jahren habe ich mit Textportalen angefangen – ein typischer Anfängerfehler. Obwohl ich teilweise gute Erfahrungen gesammelt habe, entspricht die Bezahlung nur Ansatzweise dem wirklichen Wert eines guten Textes. Mittlerweile habe ich die Stundensätze angepasst, um vor allem Qualität statt Quantität zu liefern.

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